Friedensverhandlungen: Russischer Präsident fordert von Kiew Rückzug aus vier Regionen und NATO-Verzicht. Konferenz in der Schweiz mit geringer TeilnahmeVon Reinhard Lauterbach
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Der russische Präsident Wladimir Putin hat überraschend Bedingungen für Friedensverhandlungen mit der Ukraine genannt. Russland sei bereit, ohne Verzögerung den Kampf einzustellen und mit Friedensgesprächen zu beginnen, wenn die Ukraine die vier seit 2022 nach Russland eingegliederten Verwaltungsbezirke Lugansk, Donezk, Saporischschja und Cherson abtrete und auf ihre Ambitionen verzichte, der NATO beizutreten. Wenn sie und der Westen das Angebot ablehnten, sei es ihre Sache.
Putins Rede, in der er diese Bedingungen nannte, war jedoch nicht eindeutig darin, wie weit die geforderten territorialen Zugeständnisse gehen sollten. Einerseits sprach er von der vollständigen Räumung der genannten Bezirke, von denen bisher nur das Gebiet Lugansk mehr oder minder vollständig von Russland kontrolliert wird. In den anderen Regionen würde dies einen ukrainischen Rückzug von der jetzigen Frontlinie um zirka 50 Kilometer voraussetzen und im Fall des Gebiets Cherson auch die Abtretung eines Gebietsstreifens am rechten Ufer des Dnipro, von wo sich Russland im November 2022 hatte zurückziehen müssen. An anderer Stelle sprach Putin davon, dass die Ukraine die Kontrolle über die Gebiete Saporischschja und Cherson behalten könne, wenn sie Russland eine sichere Straße auf die Krim garantiere. Das scheint die Andeutung eines Verhandlungsspielraums zu sein.
In Kiew stieß Putins Aussage erwartbar auf Ablehnung. Präsidentenberater Michailo Podoljak sagte der Nachrichtenagentur Reuters, Putins Vorschlag laufe darauf hinaus, dass die Ukraine ihre Niederlage anerkenne und ihre Souveränität aufgebe. Der Vorschlag sei nicht ernst zu nehmen und diene nur dazu, vor der für das Wochenende geplanten »Friedenskonferenz« in der Schweiz Stimmung zu machen. Im Kern hatte der ukrainische Botschafter in Deutschland, Olexij Makejew, schon vor dem Bekanntwerden des Vorschlags dasselbe erklärt: Verhandlungen könne es geben, wenn Russland seine Truppen aus der gesamten Ukraine in ihren international anerkannten Grenzen zurückziehe.
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Nach wie vor ist nicht klar, wie viele Staaten und Organisationen über den Kreis der üblichen Ukraine-Unterstützer hinaus an der von der Schweiz ausgerichteten Konferenz auf dem Bürgenstock bei Luzern teilnehmen werden. Wolodimir Selenskij sprach am Rande des G7-Gipfels in Italien von mehr als 100 Teilnehmern; der US-Radiosender Radio Liberty hatte vor einigen Tagen gemeldet, dass die Zahl der bestätigten Teilnahmen in den vergangenen Tagen sogar zurückgegangen sei und bei nur noch 78 liege. Moskau hatte zuletzt deutlich gemacht, dass es die Teilnahme von Staaten des globalen Südens an dem Treffen in der Schweiz als unfreundlichen Akt sich selbst gegenüber betrachte und behandeln werde.
Unterdessen beschloss die NATO, das Hauptquartier ihres geplanten Koordinierungszentrums für die Entsendung von Militärausbildern in die Ukraine im hessischen Wiesbaden einzurichten. Dort betreibt die US-Armee bereits mehrere andere Führungsstellen. Im Vorfeld hatte es nach einem Bericht der FAZ vom Freitag internen Streit über die Namensgebung für die neue Einrichtung gegeben. Während etliche NATO-Staaten das Vorhaben eine »Mission« nennen wollten, weigerte sich die Bundesrepublik, dem zuzustimmen. Sie habe vermeiden wollen, dass aus dem Wort »Mission« die Möglichkeit eines Einsatzes von Kampfgruppen abgeleitet werden könne. So habe man sich auf das Wort »Koordinierungszentrum« geeinigt.
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