Die mutmaßliche Propaganda-Lüge von Bundeskanzler Olaf Scholz

Florian Warweg

Ein Artikel von: Florian Warweg

Bundeskanzler Olaf Scholz hatte auf einer EU-Wahlkampfveranstaltung am 1. Juni erklärt, „die Hamas-Terroristen haben das alles aufgenommen, damit ihre Niedertracht, (…) ihre Vergewaltigung in den Videos von der ganzen Welt gesehen werden können“. Zum Zeitpunkt der Aussage des Bundeskanzlers war aber schon längst bekannt, dass sowohl der Abschlussbericht unter Leitung der UN-Sonderbeauftragten für sexuelle Gewalt in Konflikten, Pramila Patten, als auch israelische Militärbehörden sowie umfangreiche Recherchen der israelischen Zeitung Haaretz und der britischen Times zu dem Schluss gekommen sind, dass es keinerlei Video- oder Foto-Dokumentation von Vergewaltigungen durch Hamas-Kämpfer gibt. Die NachDenkSeiten wollten vor diesem Hintergrund wissen, ob der Kanzler folglich den UN-Abschlussbericht, die entsprechenden Erklärungen der israelischen Behörden und die Recherchen der genannten Zeitungen infrage stellt und auf welchen konkreten Quellen seine Darlegung beruht. Von Florian Warweg.

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Die im Video dokumentierte Aussage von Bundeskanzler Olaf Scholz, die zuvor auch schon in sehr ähnlicher Form von der deutschen Außenministerin Annalena Baerbock getätigt wurde (die NDS berichteten hier und hier), steht wie dargelegt im direkten Widerspruch zu den Ergebnissen einer umfassenden offiziellen Untersuchung der Sonderberichterstatterin des UN-Generalsekretärs für sexuelle Gewalt in Konflikten, Pramila Patten. Das Team, bestehend aus 10 Experten für sexuelle Gewalt, sichtete nach eigenen Aussagen Tausende von israelischen Behörden zur Verfügung gestellte Fotos und Videos vom 7. Oktober 2023. 

Zu Beginn des UN-Untersuchungsberichtes, veröffentlicht im März 2024, heißt es: 

Dieser Bericht enthält die Ergebnisse der Mission der Sonderbeauftragten, Frau Pramila Patten, in Israel, die darauf abzielte, Informationen über konfliktbezogene sexuelle Gewalt (CRSV) im Zusammenhang mit den Angriffen vom 7. Oktober 2023 und deren Folgen sowie für die mögliche Aufnahme in den Bericht an den Sicherheitsrat, da keine relevanten Organisationen der Vereinten Nationen in Israel tätig sind.“

Des Weiteren wird ausgeführt, dass das UN-Team neben der Auswertung von Bildmaterial „insgesamt 33 Treffen mit israelischen nationalen Institutionen, darunter auch die zuständigen Ministerien für auswärtige Angelegenheiten, Wohlfahrt und Soziales, Gesundheit und Justiz, einschließlich der Staatsanwaltschaft, sowie die israelischen Streitkräfte Forces (IDF), der israelischen Sicherheitsbehörde (Shin Bet) und der israelischen Nationalpolizei, die für die Ermittlungen zu den Anschlägen vom 7. Oktober (Lahav 433) verantwortlich ist“, durchführte. 

Die UN-Mission kam nach zwei Wochen intensiver Auswertung des vorgelegten Bildmaterials vom 7. Oktober und ausführlichen Treffen mit dem israelischen Militär- und Sicherheitsapparat zu einem eindeutigen Schluss: 

Bei der gerichtsmedizinischen Bewertung der verfügbaren Fotos und Videos konnten keine greifbaren Hinweise auf Vergewaltigungen festgestellt werden.“

Diese Einschätzung wurde auch später durch eine umfassende Recherche der renommierten israelischen Tageszeitung Haaretz bestätigt, veröffentlicht am 18. April 2024. Dort heißt es ebenso unmissverständlich: 

Aus Anfragen von Haaretz an drei Stellen des Verteidigungsapparats geht hervor, dass das von der Polizei und den Geheimdiensten gesammelte Material, einschließlich der Aufnahmen von Körperkameras der Terroristen, keine visuelle Dokumentation von Vergewaltigungen enthält.“

Die ebenso renommierte britische Tageszeitung The Times kommt nach einer umfangreichen Untersuchung mit dem Titel „Israel sagt, die Hamas habe Vergewaltigung als Waffe eingesetzt. Sind die Beweise stichhaltig?“ zu demselben Schluss. The Times engagierte sogar einen israelischen Darkweb-Experten, um Belege für die entsprechenden Bilder und Videos zu finden. Sie fanden nichts:

„Wir haben einen führenden israelischen Dark-Web-Forscher beauftragt, nach Beweisen für diese Bilder zu suchen, darunter auch Material, das aus öffentlichen Quellen gelöscht wurde. Es konnte nichts gefunden werden.“

All die aufgeführten Punkte und die Tatsache, dass weder Scholz noch Baerbock bereit sind, die Quellen für ihre Behauptungen offenzulegen, sprechen dafür, dass sowohl der Bundeskanzler als auch die amtierende deutsche Außenministerin die angeblichen Videoaufnahmen von Vergewaltigungen durch Hamas-Kämpfer erfunden haben, um die zunehmende Kritik angesichts der extrem einseitigen politischen und militärischen Unterstützung für Israel bei dessen völkerrechtswidrigen Vorgehen in Gaza zum Schweigen zu bringen und das eigene „Staatsräson“-Handeln zu rechtfertigen. Sie erweisen damit den tatsächlichen Opfern sexueller Gewalt einen Bärendienst. Kanzler wie Ministerin stellen sich zudem in eine sehr unappetitliche deutsche Traditionslinie der Verbreitung von Gräuelpropaganda. In diesem Sinne: Nie wieder ist jetzt.

Auszug aus dem Wortprotokoll der Regierungspressekonferenz vom 12. Juni 2024

Frage Warweg
Bundeskanzler Olaf Scholz hat zum Themenkontext Israel/Gaza auf einer EU-Wahlkampfveranstaltung am 1. Juni erklärt, ich zitiere kurz: „Die Hamas-Terroristen haben das alles aufgenommen, damit ihre Niedertracht, ihre Vergewaltigung in den Videos von der ganzen Welt gesehen werden können.“ Zum Zeitpunkt der Aussage des Bundeskanzlers war aber schon bekannt, dass sowohl der Abschlussbericht der UN-Sonderbeauftragten für sexuelle Gewalt in Konflikten als auch israelische Militärbehörden und umfangreiche Recherchen von „Haaretz“ und „Times“ zu dem Schluss gekommen sind, dass es keine visuelle Dokumentation von Vergewaltigungen gibt.

Heißt das im Umkehrschluss, dass der Kanzler den UN-Abschlussbericht und auch die entsprechenden Aussagen der israelischen Behörden infrage stellt?

Regierungssprecher Hebestreit
Herr Warweg, ich bin ein bisschen irritiert. Sie versuchen immer wieder, das Thema hier anzubringen. Es steht außer Zweifel, dass es schlimmste Vergewaltigungen durch Hamas-Terroristen am 7. Oktober in Israel gegeben hat. Es steht außer Frage, dass die Terroristen Kameras gehabt haben, dass sie ihre Taten zum Teil live gestreamt haben; zum Teil gab es Aufnahmen. Und es steht außer Frage, dass 1200 Israelis teils auf bestialische Art und Weise umgebracht worden sind. Das sind die Fakten, und sowohl das, was die Außenministerin zu diesem Kontext gesagt hat, als auch das, was der Bundeskanzler auf der Wahlkampfveranstaltung am 1. Juni gesagt hat, steht völlig im Einklang mit den Gegebenheiten.

Jede Art von Versuchen, Zweifel an diesen Tatsachen zu schüren, weise ich mit Abscheu und Empörung zurück. Das wird den Opfern nicht gerecht, das wird den Tatsachen nicht gerecht, und es bringt überhaupt nichts.

Zusatzfrage Warweg
Es geht, wie gesagt um behauptete Videoaufnahmen, und es erstaunt mich, ehrlich gesagt, mit welcher Nonchalance Sie Aussagen der Vereinten Nationen und der israelischen Behörden, Aussagen von engen deutschen Partnern, negieren, die explizit gesagt haben, es gibt keinerlei visuelle Dokumentation von Vergewaltigungen. Umfangreiche Recherchen von „Haaretz“ und „Times“, die den Vorwurf, den sie mir gemacht haben, kaum widerspiegeln würden, kommen dazu, dass es keine Videoaufnahmen gibt. Und sowohl der Kanzler als auch die Außenministerin der Bundesrepublik behaupten, es gibt diese.

Das ist ein Widerspruch. Damit relativiert man in keiner Weise, dass es sexuelle Gewalt gegeben hat. Aber als Kanzler und als Außenministerin kann ich nicht von Videoaufnahmen sprechen, wenn der Rest der Welt sie negiert.

Vorsitzende Wefers
Bevor Sie jetzt – – –

Zusatz Warweg
Die Frage ist ja deutlich – – –

Vorsitzende Wefers
Jetzt bin ich an der Reihe! Bevor Sie beide sich darüber austauschen, was Sie finden und was Sie finden – – –

Zusatz Warweg
Das war ein harter, persönlicher Angriff.

Vorsitzende Wefers
Ich habe Sie ja erwidern lassen. Aber jetzt hätte ich gern eine Frage.

Zusatz Warweg
Das war eine Frage.

Vorsitzende Wefers
Bis jetzt habe ich noch keine Frage gehört. Sie haben gesagt, Sie haben eine andere Sichtweise, aber was ist die Frage?

Zusatzfrage Warweg
Die Frage dahinter war: Es gibt die explizite Aussage des UN-Abschlussberichts, die besagt, dass es keine Dokumentation gibt, und Herr Hebestreit hat gesagt, der Kanzler bleibt bei seiner Haltung. Ich würde gern wissen, aufgrund welcher Quelle der Kanzler dies sagt – im Gegensatz zu den schon aufgezählten Quellen aus Israel, zu den Vereinten Nationen und zu renommierten israelischen Medien.

Hebestreit
Herr Warweg, ich habe in meiner ersten Antwort, die Sie später nachlesen können, versucht, die Antwort zu geben, die Sie suchen. Ich habe die Umstände – wie es sich an diesem 7. Oktober zugetragen hat – dargelegt und die Haltung dieser – – –

(Zuruf)

– Entschuldigung, darf ich ausreden? – Ich habe die Umstände dargelegt, ich habe Ihnen den Gesamtzusammenhang dargestellt und habe danach auch transparent gemacht, was Sie mit Ihrer Fragestellung bewirken oder bedingen wollen. Es gibt keinerlei weiteres Erkenntnisinteresse, bei dem ich Ihnen helfen kann. Vielmehr gibt es eine klare Darstellung der Tatsachen, und das ist das, was wir dazu zu sagen haben.

Sie haben das jetzt, ich glaube, zum fünften oder sechsten Mal in dieser Bundespressekonferenz gefragt. – Zum dritten Mal, zeigen Sie mir gerade an. Dann nehme ich das gern zurück. Es war zum dritten Mal. Aber Sie werden immer wieder die gleiche Antwort bekommen.

Titelbild: Screenshot NachDenkSeiten, Bundespressekonferenz 12.06.2024

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Опубликовано lyumon1834

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