Ketzerische Gedanken nach dem 8.Mai

Pensées hérétiques après le 8 mai

Heretical thoughts after May 8th

 

Wer kennt nicht das Gefühl, für das, was man heute so erleben, sehen und hören muss, nicht mehr das richtige Wort finden zu können und in Anlehnung an den Satiriker Karl Kraus, sagen zu müssen, dazu falle mir einfach nichts mehr ein. Sollte man das für viele bereits Unsagbare stattdessen dann zeigen, mit dem Mittelfinger, mit der Faust? Vor bald acht Jahrzenten – im Zuge der weiteren Eroberung Europas durch das US-Kapital – war die Wortfindung ja noch einfacher: Niederlage für die einen, Befreiung für die anderen, Elend für viele. Und doch: man atmete auf, hatte trotz allem berechtigte Hoffnung auf ein besseres Leben und dazu einen starken Glauben an die Zukunft. Beides vermisse ich heutzutage. Wobei der sorglose Umgang mit dem, was ganz allgemein an leiblichem und geistigem Leben nachwachsen und überdauern soll, manifester Ausdruck für ein ganz anderes von vielen noch nicht bewusst wahrgenommenes, zum Teil selbstverschuldetes Elend ist.

Nicht nur viele Europäer fragen sich ja längst: Was ist eigentlich los, dass sich der Westen selbst zerstört? Der geopolitisch versierte argentinische Autor Marcelo Ramirez meint, eine grundlegende Ursache dafür sei, dass diejenigen die die Entscheidungen treffen, die die Politiker umzusetzen und die die Medien zu bewerben haben, einen komplexen Prozess der sozialen Manipulation geschaffen hätten. Wohl erlebe der Westen ein Debakel durch seine Dekadenz, doch eigne sich diese zur Umsetzung eines methodischen Planes der sozialen Zerstörung, nicht zuletzt der Staaten selbst, so Ramirez. Da fragt man sich als Mitteleuropäer ja doch: Um dann auf den Trümmern unseres Selbstverständnisses und dem angerichteten gesellschaftlichen Chaos ein totalitäres Regime zu errichten? Worauf die aktuelle Politik und Vorhaben internationaler Organisationen hindeuten könnten.

Wie und was auch immer, eines ist gewiss: nichts geschieht durch Zufall in dieser Welt, alles läuft letzten Endes naturgesetzmäßig ab. Somit sind Ursache und Verursacher so wenig aus der Welt verschwunden wie entsprechende Ergebnisse. Und so gibt es auch  für die multiple Bedrohung des europäischen Menschen wie sie 1945 für viele noch nicht vorstellbar war, logischerweise eine dafür verantwortliche vielschichtige Ursache, die einerseits gegenwartsbedingt ist, andererseits aber  weiter zurück liegt als das Jahr 1945, das und seine Folgen Jahre zuvor der Generalstabchef des deutschen Heeres und spätere Verschwörer Ludwig Beck in einer Denkschrift vorausgesagt hatte. Aber auch heute wird man auf ähnlich warnende Stimmen nicht hören wollen. Es sieht inzwischen tatsächlich so aus, als wäre dieser dynamische selbstzerstörerische Prozess nicht mehr aufzuhalten und alles, was die verantwortlichen Eliten dagegen aufzubieten haben, ist nur mehr kostenintensive Sterbebegleitung für eine um ihre Existenz ringende Zivilisation.

Und so bittet – seit dem Abtreten einer an Pflichterfüllung herangeführte und an Entbehrungen gewohnte Kriegsgeneration – das berühmte Goldene Kalb vermehrt und, wie es scheint, erfolgreicher denn je, zum vielleicht letzten Tanz, dem, um den Preis der persönlichen und nationalen Selbstverleugnung, gesellschaftliche und ebenso hedonistisch geneigte politische Verantwortungsträger  einiges abgewinnen können. Zu verlockend sind ja auch die Gewinnaussichten, denen jedoch nicht mehr zu  leugnende Abhängigkeiten von „Big Money“ gegenüberstehen. Womit das kurz nach dem Ersten Weltkrieg in Europa endgültig Fuß fassende internationale Kapital spätestens seit 1945 bei der Politikerauslese in Europa das letzte Wort zu haben scheint. Dass meine hier schon einmal geäußerte Vermutung,  bestimmte politische Parteien und auch einzelne Politiker in Europa würden von interessierter  US-amerikanischer Seite auf die eine oder andere Art und Weise unterstützt und abhängig gemacht, bestätigte zuletzt, zumindest was Frankreich betrifft, der französische Journalist Thierry Meyssan. Und warum sollte das etwa in Berlin oder Brüssel anders sein? Die Macht des Dollars und die Unterwerfung unter diesen, machen ein aus menschlicher wie nationaler Sicht dummes und bisweilen verwerfliches  Verhalten leider sichtbar.

Wie internationale Konzerne und Banken, die in zwei Weltkriegen  und durch sie endgültig weltbeherrschend werden konnten, wie das Wallstreet-Kapital es verstand, „hemmungslos opportunistisch“ ohne jegliche Skrupel mit linken wie rechten Diktaturen Geschäfte jedweder Art zu tätigen, schildert  uns Werner Rügemer in seinem hervorragend recherchiertem und empfehlenswertem Buch „Verhängnisvolle Freundschaft“,  auf dessen Rückseite im Wesentlichen der zumeist unter „systematischen Bruch“ des Völkerrechts erfolgte Aufstieg der Supermacht von einem Weltkrieg zum anderen kurz zusammengefasst so beschrieben wird:   Mit Freedom, Democracy präsentierte sich  der aufsteigende US-Kapitalismus der Welt. Doch die Praktiken von „America First“ mit Völkermord, Arbeitsausbeutung, kriegerischem Raub fremden Eigentums wurden nur modernisiert. Und das bis heute.

Führer totalitärer Systeme der Zwischenkriegszeit wussten  diese  so genannte Modernisierung des politischen Geschäftsbetriebes durchaus  zu schätzen. Und so blieb  – neben Mussolini, Franco, Stalin und weiteren –  auch Hitler davon nicht unbeeindruckt  und wurde folglich ein bevorzugter und förderungswürdiger „Geschäftspartner“ von US-Banken und Konzernen. Ohne US-Kredite und US-Investitionen sowie nicht zuletzt Rohstofflieferungen (Öl) wären die Nationalsozialisten, an deren politischen Vorstellungen nicht nur prominente US-Persönlichkeiten zu Beginn Gefallen gefunden hatten, womöglich gescheitert.  Doch wie der Autobauer Henry Ford wollten auch alle anderen prominenten „Teilhaber“ am anfänglichen NS-Erfolg mit dem NS-Führer nicht auch noch untergehen. Und überhaupt, wenn die Gewinnaussichten immer düsterer werden, hört jede Freundschaft dieser Art ohnehin auf. Überdies ging es dem kriegsgeilen US-„Establishment“ ja bereits damals und später erst recht, unabhängig vom jeweiligen  US-Präsidenten, in aller Brutalität um „America first“, das nur immer wieder unter anderen Vorzeichen aufgewärmt werden muss, was an der Zielsetzung selbst aber nichts ändert.

Und so sah man nach einem globalen Ringen am prophezeiten Ende, 1945, nicht nur Deutschland, dem man bis heute den versprochenen Friedensvertrag verweigert und dem man eine ehrliche, unzensierte Geschichtsaufarbeitung sowie eine anderen Nationen ebenbürtige Gedenkkultur nach wie vor nicht gestattet, in die Knie gezwungen, und mit ihm Europa. Was wohl noch nicht alle begriffen haben dürften. Daher könnte sich ein europäisches Verhängnis, der von Washington und London  angestiftete und von folgsamen EU-Politikern  unterstützte Ukraine-Krieg, als eine verantwortungslose strategische Fehlinvestition mit unabsehbaren Folgen für alle Beteiligten erweisen. Das alles hätte an einem 8.Mai in einem angeblich neutralen Land thematisiert werden können und sollte eigentlich, nach Jahrzehnten der Unterwürfigkeit, gerade auch in einem EU-Wahlkampf Berücksichtigung finden dürfen. Wird es aber nicht, und wir wissen warum.

*Walter Rügemer, 1941, Dr.phil.. Publizist und Philosoph, Autor u.a. von „Verhängnisvolle Freundschaft – Wie die USA Europa eroberten“, PapyRossa,2023 und „BlackRock&Co. enteignen – Auf den Spuren einer unbekannten Weltmacht“, Nomen. 2022

Опубликовано lyumon1834

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