Mord im Konzertsaal: Putin schlägt zurück

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Ein Geheimdienstbericht? (Foto:Imago)

Bei dem Terroranschlag in der Krokus Music Hall von Krasnogorsk am westlichen Stadtrand von Moskau verloren etwa 140 meist junge Leute ihr Leben. Die Täter konnten entkommen, wurden aber russischen Angaben zufolge kurz danach gefasst. Es soll sich um vier Tadschiken handeln. In der Westpresse heißt es, der berüchtigte IS (“Islamischer Staat”) habe sich zu dem Terroranschlag bekannt. Wladimir Putin behauptete, die Drahtzieher des Anschlags säßen in Kiew. Dort wurde das verneint. Inzwischen wurden dennoch mehrere russische Bomberangriffe auf Kiew und sogar auf Lwiw geflogen. Die ukrainische Luftabwehr funktioniert allenfalls noch rudimentär. Wie paßt das alles zusammen? Läßt sich ausschließen, daß der Islamische Staat ein Tatmotiv gehabt haben könnte? – Nein. Ist es wahrscheinlich? – Das hängt davon ab, von wem der heutige IS abhängt.

Emil Aslan Souleimanov ist Professor am Institut für internationale Beziehungen der Karls-Universität in Prag. In seinem Buch “Ein umkämpftes Dreieck” schrieb er unter Bezugnahme auf den Islamischen Staat im Irak und in Syrien im Kapitel “Russland, der Westen und der Islamische Staat” zwar, daß der Islamische Staat (IS) für Russland nur eine begrenzte Gefahr darstelle, bezieht sich dabei aber auf den IS, der 2015 mit dem Tod seines Anführers Al-Baghdadi in Idlib marginalisiert wurde. Eine unbedeutendere Rolle spielt der IS seit dem Tod Al-Baghdadis nur noch in einigen Regionen von Ländern in Asien und Afrika. Professor Souleimanov über den “alten IS” und Moskau: “Gleichwohl beschwört Moskau immer wieder, daß Russland vom IS im gleichen Maße bedroht sei wie der Westen. Moskau will dadurch sein militärisches Eingreifen in Syrien legitimieren und verschleiern, daß seine Bombardements primär das Ziel haben, das Assad-Regime zu retten und zu stabilisieren.” – Da haben wir ihn wieder, den listigen Russen. Verschleiern will er etwas.Werbung

Völlig schleierhaft

Das könnte uns “Wertewestlern” nicht passieren, daß hier jemand etwas verschleiern will. Man muß sich aber trotzdem fragen, welche Parallelen es zwischen Assad und Selenskyj gibt, was ihre mediale Rezeption im “Wertewesten” angeht. Die haben nämlich beide eine erstaunliche Blitztransformation erlebt – und zwar in entgegengesetzten Richtungen. Bis zum Beginn der russischen SMO in der Ukraine war der 2019 als “Diener des Volkes” zum Präsidenten gewordene Komödiant und Pimmelpianist Selenskyj ein korrupter Versager, der ein postsowjetisches System fortführte. Dafür wurde er im “Wertewesten” von den “Qualitätsmedien” schonungslos kritisiert. Mit dem Beginn der russischen SMO am 24. Februar 2022 wurde der korrupte Versager dann über Nacht zum heiligen Wolodymyr. Bei Assad war es genau andersherum. Vor dem Krieg in Syrien war er der sympathische, wohlerzogene, westlich wirkende und in London ausgebildete Augenarzt, der einer Regierung statt eines Regimes vorstand, er hatte eine liebreizende Gattin als First Lady of Syria und ganz entzückende Kinder.

Nachdem er sich standhaft geweigert hatte, sein ölreiches Land unter finanzpolitischen Gesichtspunkten der Kontrolle des IWF zu unterstellen, kam dann – weiß der Geier, wie – der Krieg nach Syrien. Assad wurde, genauso schnell wie Selenskyj in der umgekehrten Richtung, zum Bösen und seine Regierung zum Regime. Für seine liebreizende Ehefrau und die entzückenden Kinder interessierte sich seither niemand mehr. Das ist aber ganz normal im “Wertewesten”. Weil es im “Wertewesten” keine Propaganda gibt. Die gibt es nur in Syrien oder in Russland oder bei den Palästinensern, kurz: immer da, wo Leute regieren, die dem “Wertewesten” respektive seinen “Eliten” ein Dorn im Auge sind, weshalb auch immer. Warum es im “Wertewesten” keine Propaganda gibt, ist schnell geklärt. Der Grund: Wir sind die Guten. Immer.

Lohnabhängig beschäftigte Auftragsislamisten?

Aber was hat es nun mit dem IS auf sich, ungeachtet seiner aktuellen Motivlagen? Kann er gewaltpolitisch auf barbarischem Weg noch irgendwelche seiner Ziele verwirklichen oder sich auch nur ausrechnen, daß er das könnte? – Eher nicht. Warum gibt es ihn dann überhaupt noch? Möglicherweise deshalb, weil seine “Restkämpfer” und deren Chefs auch von irgendetwas leben müssen. Es könnte schon sein, daß der IS zu einer Zusammenrottung von “Auftragsislamisten” geworden ist, deren Motto inzwischen lautet: Wes’ Brot ich ess’, des Lied ich sing.

Es gibt einen, der vor acht Jahren behauptet hat, er wüsste, wo der damalige “Al-Baghdadi IS” sein Brot und alle diese nagelneuen, weißen Toyota-Pickups hergehabt hatte. Sein Name: Donald Trump. Die “Welt” am 11. August 2016: “Donald Trump wirft US-Präsident Barack Obama vor, die Terrormiliz Islamischer Staat gegründet zu haben.” Weil es nun so ist, daß wir im “Wertewesten” eine unabhängige, hochinformative und absolut neutrale Qualitätspresse haben, während alle anderen von Propaganda verarscht werden, wissen “wir” natürlich auch, was “wir” (wir müssen, wir brauchen & wir dürfen nicht) von Donald Trumps damaliger Behauptung zu halten haben: Nichts. Weil Donald Trump nämlich ein rechter Verschwörungstheoretiker ist, der den lieben langen Tag nichts als Phantasiegeschichten und Lügen verbreitet. Daß Barack Obama mit vollem Namen Barack Hussein Obama heißt, ist zwar keine, hat aber garantiert nichts zu bedeuten, das wert wäre, es einmal genauer zu untersuchen. Diese nagelneuen Toyota-Pickups des IS damals, auf deren Ladeflächen sich so vorzüglich Maschinengewehre festschrauben ließen, wird schon nicht der amerikanische Steuerzahler finanziert haben. Nein, nein, nein! Die CIA ist schließlich ein guter Geheimdienst, ganz anders als der russische FSB, dieser Nachfolger des KGB. Wer gern zweifelt, sehe sich diese Doku zur inzwischen angehäuften Machtfülle der CIA seit der Gründung des OSS an – und welcher US-Präsident es nicht überlebt hat, daß er diese Machtfülle wieder abschaffen wollte.

Formalpräsident und Realpräsident

Jedenfalls: Nachdem die Russen damals das sogenannte Assad-Regime in Syrien gegen jenen IS verteidigt hatten, der es in merkwürdiger Übereinstimmung mit den Absichten der US-Regierung “unter” Barack Hussein Obama stürzen wollte, könnte es natürlich heute schon sein, daß sich der IS an den Russen für die eigenen Verluste von damals rächen wollte, als in der “Krokus Music Hall” zu Krasnogorsk das Morden an unschuldigen Konzertbesuchern begann. Der IS ist auch nicht bekannt dafür, daß er sich nicht mit Vorliebe sogenannte “weiche Ziele” aussucht. Das tut er schon, ganz so wie die Hamas oder aktuell die Israelis. Niemand läßt sich mit so einer herzerfrischenden Leichtigkeit killen wie unbewaffnete Zivilisten. Der Vorteil des weichen Ziels liegt auf der Hand: Alle sind wesentlich schockierter, als sie es wären, wenn es sich bei den Gekillten um knallharte Soldaten handeln würde. Geringere Gefahr für die Mörder selbst, größerer Schockeffekt beim Publikum. Das ist eine kalkulatorische Verlockung, welcher das Arschloch schwerlich widerstehen kann. Aber auch hier wieder: Arschlöcher kann es im Wertewesten genausowenig geben wie die vermaledeite Propaganda, weil “wir” schließlich die Guten sind. Und zwar immer. Freiheit, Demokratie & westliche Werte – nur bei uns. Das wissen “wir” doch, oder nicht?

In den USA munkelt man seit geraumer Zeit – und zuletzt immer weniger hinter vorgehaltener Hand -, daß der US-Präsident nur formal Joe Biden heiße, daß seine Amtsgeschäfte aber nach wie vor ein gewisser Barack Hussein Obama im Hintergrund betreibe, der eigentlich nur deswegen nicht auch der formale Präsident sei, weil er schon zwei Amtszeiten als US-Präsident hinter sich gebracht hat. Seine “Assistentin” dabei sei eine gewisse Frau Clinton, Vorname Hillary.

Barack Hussein Obama
Barack Hussein Obama – Screenshot “Tagesspiegel”

Wenn das stimmt, dann müsste man sich allerdings wundern. In den “wertewestlichen” USA wird die “Constitution” von der “Biden-Regierung” und der CIA bekanntlich mindestens wo wertgeschätzt und geachtet, wie das deutsche Grundgesetz durch die Bundesregierung und den sogenannten Verfassungsschutz. Doch, doch, doch. Wer etwas anderes behauptet, ist ein schäbiger Lump!

Deswegen paßt es auch gar nicht, daß es dieser Barack Hussein Obama gewesen war, der vergangene Woche in London zu Besuch bei Rishi Sunak gewesen ist, während fast zeitgleich der ewige Kriegstreiber aus den USA, Senator Lindsey Graham, in Kiew vorstellig wurde. Bombardierungsfreund Grahams größter Fan in der deutschen Politlandschaft ist übrigens Friedrich Merz und wahrscheinlich auch der christdemokratische Waffenwart Kiesewetter von der hochoppositionellen CDU.

Merz Klitschko
Gute Laune: Friedrich Merz in Kiew (Screenshot:Facebook)
Graham Selenskyj Kiew
US-Senator Lindsey “The bomb” Graham am 18. März in Kiew (Screenshot:FrankfurterRundschau)

Der wertewestliche Barack Hussein und der wertewestliche Lindsey-Senator wollten sich vermutlich – zeitlich ein reiner Zufall – in der Woche vor dem Terroranschlag in Krasnogorsk nur einmal mit Briten und Ukrainern über die besten Rezepte für gedeckten Apfelkuchen unterhalten. Ganz harmlos. Die deutsche Taurus-Debatte hin oder her: Wer würde denn schon, ganz ohne jeden militärstrategischen Sinn, Russen terrorisieren wollen? Ein Wertewestler etwa? – Nie im Leben. Wir sind die Guten. Gedanken an Terror und rachsüchtige Eskalation für erlittene Demütigungen – etwa im Ukrainekrieg – sind “uns” völlig fremd. Wäre es anders, wären wir schließlich nicht die Guten. Sind wir aber. Deshalb “standen” wir ja auch mit Israel.

Auftragsterroristen aus Tadschikistan?

Die hinterlistige russische Propaganda behauptet nun, daß die vier Tadschiken, die direkt an dem Terroranschlag in Krasnogorsk beteiligt gewesen sein sollen, nicht etwa auf dem Weg nach Tadschikistan gefasst worden seien, sondern in Brjansk, einer Stadt knapp 400 Kilometer südwestlich von Moskau, etwa auf halbem Wege nach Kiew. Hätten sie nach Tadschikistan fahren wollen, hätten die Terroristen in Moskau allerdings die südöstliche Ausfallstraße nehmen müssen. Ob sie sich wohl verfahren hatten?

Wenn stimmt, was Donald Trump vor acht Jahren über den eigentlichen Gründer des IS behauptet hat, nämlich, daß es sich dabei um Barack Hussein Obama handelt, und wenn stimmt, daß die CIA eine lange Unterstützungsgeschichte von Terrorgruppen hat, über welche sie zu einem späteren Zeitpunkt wegen deren Eigensinns die Kontrolle verloren hat, und daß sich die US-Regierung häufiger bereits dazu gezwungen sah, Terrorgruppen zu bekämpfen, welche die CIA vorher ins Leben gerufen hatte … – und wenn stimmt, daß der britische MI6 in “ukrainische Regierungsentscheidungen” mindestens so eingreift wie die amerikanische CIA: Könnte es dann sei, daß in Tadschikistan etwa im Februar ein Anruf eingegangen ist, dessen Wortlaut sinngemäß etwa so gewesen wäre? – “Hallo? Seid ihr’s? Die vom IS, meine ich. Erinnert ihr euch noch an mich? Ich bin’s, der Barack Hussein. Jetzt mal Schwamm drüber, daß wir euren Al-Baghdadi damals killen mussten, weil er nicht mehr parieren wollte: Braucht ihr Geld? Ich hätte da wieder einmal einen Job für euch armselige Auftragsislamisten…

Die Blitzmerker

Auffällig war jedenfalls, wie schnell John Kirby, der Sprecher des US-Außenministeriums, wusste, daß die Ukrainer mit dem Terroranschlag in Krasnogorsk rein gar nichts zu tun haben. Und auffällig ist, wie schnell Wladimir Putin wusste, daß sie doch etwas damit zu tun haben. Und besonders auffällig ist, daß die amerikanische Botschaft in Moskau auf ihrer Internetseite am 8. März britische und amerikanische Ausländer in Russland dazu aufrief, Großveranstaltungen zu meiden, da ein Terroranschlag bevorstehe.

Deshalb wollen “wir” es Wladimir Putin nachsehen, daß er seine ursprüngliche Anweisung zu Beginn der russischen SMO, unter allen Umständen die Zivilbevölkerung der Ukraine zu schonen, aufgegeben hat – und daß russische Bomber nach der Taurus-Debatte und dem Terroranschlag von Krasnogorsk ihre tödliche Fracht über Kiew und Lwiw abgeladen haben. Für den israelischen Massenmord an den Zivilisten in Gaza haben “wir. Und nichts wäre uns so fremd wie der moralische Doppelstandard, habe ich recht? – Na also. “Wir” haben schon ein verdammtes Glück, daß “wir” die Guten sind. Nicht auszudenken, “wir” wären irgendwelcher fiesen Propaganda auf den Leim gegangen und seien heute nicht informiert, sondern desinformiert. Womöglich hätten “wir” ein ganz verkehrte Meinung. Dann müssten “wir” uns glatt nochmal überlegen, wer “wir” tatsächlich wären. Meinereiner glaubt aber nicht, daß “wir” das so genau wissen wollen.

Опубликовано lyumon1834

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